Fachbegriffe erklärt
Forderung 1: Überdenkt Bedarfe, senkt Ansprüche
Forderung 2: Hinterfragt Abriss kritisch
Forderung 3: Beschleunigt die Energiewende
Forderung 4: Entwerft zukunftsfähige Qualität
Forderung 5: Konstruiert kreislauffähig und klimapositiv
Forderung 6: Fördert gesunde gebaute Umwelt
Forderung 7: Stärkt die Klimaresilienz
Forderung 8: Erhaltet und schafft Raum für Biodiversität
Forderung 9: Übernehmt soziale Verantwortung
Forderung 10: Plant integral
Gemeint sind hiermit über Gebäude hinaus auch Strukturen, die mit dem Bau- und Gebäudebereich verknüpft sind, wie z.B. stadtplanerische Entscheidungen, gesetzliche Strukturen und Strukturen der öffentlichen Verwaltung, Akteur:innen dieses Bereichs bis hin zu der Verwendung von Materialien, Nutzer:innenverhalten, aber auch die Stoffströme sowie Graue Energie. Für dasForschungsprojekt hat das Forschungskernteam 12 Bereiche identifiziert: Politik & Governance, Wirtschaft, Emissionen & Schadstoffe, Materialkreisläufe, Energiekreisläufe, Wasserkreisläufe, Biodiversität, Mobilität & Logistik, Stadt- & Raumplanung, Humanökologie, Medien, Zivilgesellschaft.
Zusammenhänge und Wirkungen in Systemen werden oft als “Kybernetik” von Systemen beschrieben, als Steuerung und Regelung von Systemen. Dies geht auf die technische Kybernetik der Regelkreistechnik zurück, aber auch auf einfache physikalische Zusammenhänge. Damit wird jedoch meist ein vorhersehbares, "technisches" Steuern und Verhalten von Systemen angenommen. Vester bezieht sich daher mit dem Begriff der Biokybernetik auf die Steuerungs- und Lenkungsvorgänge in der Natur, die vor allem durch Selbstregulierung geprägt sind.
Vester hat aus dem Verhalten von lebenden, biologischen Systemen acht biokybernetische Grundregeln abgeleitet, als Orientierungsmodell zur systemorientierten Bewertung der Ergebnisse der Systemanalyse.
Diese acht Grundregeln lauten:
- Selbstregulation in Regelkreisen
- Unabhängigkeit der Funktion vom quantitativen Wachstum
- Unabhängigkeit der Funktion vom Produkt
- die Prinzipien des Jiu-Jitsus
- Mehrfachnutzung
- Recycling
- Symbiose
- Biologisches Design.
(Lit.: Göllinger/Harrer: Sustainability Dialog. Die 8 Grundregeln der Biokybernetik).
Der Grad der Erfüllung der acht biokybernetischen Grundregeln zeigt den Grad an Nachhaltigkeit und Lebensfähigkeit, an Resilienz und Autonomie des untersuchten Systems an und wird daher als biokybernetische Systembewertung bezeichnet.
siehe Variablen
Mit Hilfe der Einflussmatrix werden systematisch die Wirkungen jeder Variable (Einflussgröße) auf alle anderen Variablen abgefragt. Die Wirkungsstärken werden dabei mit fünf Werten beschrieben: 0 (keine Wirkung), 1 (schwache Wirkung), 2 (starke Wirkung) 3 (überproportional starke Wirkung) und 4 (extrem starke Wirkung). Für jede Variable wird so ihre Aktivsumme und ihre Reaktivsumme im untersuchten System errechnet. Die Einflussmatrix wird von mehreren Beteiligten erarbeitet, die ihre Ergebnisse in einer Konsensdiskussion zur Konsensmatrix validieren. Aus den Aktiv- und Reaktivsummen wird später die Sensitivity Map errechnet und ausgewertet.
Der Prozess der Systemanalyse ist so angelegt, dass das Feedback aller Beteiligten wiederholt in die Analyse integriert werden kann. Dadurch erfolgt in sich wiederholenden Vorgängen eine schrittweise Annäherung an eine möglichst exakte Antwort auf die Forschungsfrage.
Eine Besonderheit derSystemanalyse nach Vester ist die Überprüfung der gewählten Variablen(Einflussgrößen)imHinblick auf ihre Vollständigkeit und Systemrelevanz. Dazuhat Vester 18 Kriterien entwickelt, als essentielle Kriterien für lebensfähigeSysteme aus der Natur abgeleitet. Die gewählten Variablen werden daraufhinüberprüft, ob und wie sie diese Kriterien abdecken. Die Relevanzprüfung ist damit ein biokybernetisches Tool, mit dem fehlendeAspekte in der Betrachtung des untersuchten, lebenden Systems identifiziert werden. Fehlende Aspekte werden als neue Variablen ergänzt, sowie bei Überlappungen von Aspekten werden deutlich, welche Variablen zusammengefasst werden können. Bei diesem Schritt werden wesentliche Schwerpunkte und potentielle Steuerungsansätze des untersuchten Systems deutlich.
Die Sensitivity Map visualisiert die unterschiedliche Sensitivität der Variablen im untersuchten System und die Ableitung ihrer Wirkung als aktive Stellhebel oder reaktive Indikatoren, als puffernde oder kritische Variable.
Dazu wird aus der vorhergehenden Bewertung der Wirkungsstärken in der Einflussmatrix für jede Variable ihre Aktivsumme und ihre Reaktivsumme errechnet. Aus dem jeweiligen Verhältnis von Aktiv- und Reaktivsumme ergibt sich die Empfindsamkeit oder Wirksamkeit jeder Variablen im System: als aktiver Stellhebel (hohe Aktivsumme, niedrige Reaktivsumme), als Indikator (hohe Reaktivsumme, niedrige Aktivsumme),als puffernde Variable (niedrige Aktiv- und Reaktivsummen) oder als kritischer Beschleuniger (hohe Aktiv- und hohe Reaktivsummen).
Die Einflussgrößen werden zuerst mit Worten beschrieben, und zusätzlich mit Skalen nach den jeweiligen möglichen Zuständen quantifiziert und entsprechend farbig eingefärbt (von Rot – schlecht ausgeprägt - über orange-gelb – hin zu grün (dem möglichen optimalen Stand). Die gemeinsame Diskussion der Skalierung, des aktuellen Standes und des gewünschten Zielzustandes trägt in den ersten Schritten erheblich zum gemeinsamen Systemverständnis bei und ist Basis für spätere Simulationen von Zusammenhängen.
Die Ergebnisse der Arbeitsschritte der Systemanalyse werden anhand der acht biokybernetischen Grundregeln auf den Grad von Zukunftsfähigkeit und Nachhaltigkeit geprüft. (siehe Biokybernetik)
Aus dem Gesamtwirkungsnetz und der Analyse der Regelkreise werden Wenn-Dann-Szenarien abgeleitet. Damit werden wesentliche Teilbereiche und deren Zusammenhänge im Detail weiter untersucht. In den nächsten Schritten können Simulationen zu den möglichen Wirkungen von Maßnahmen im System entwickelt werden.
Die aktuellen und starken Wirkungen der Variablen im untersuchten System werden in einem Wirkungsnetz dargestellt. Dazu werden die Wirkungen als Pfeile zwischen den Variablen eingetragen. Durchgezogene Linien repräsentieren gleichgerichtete Wirkungen, gestrichelte Linien gegen gerichtete Wirkungen. So werden die Wirkungsketten und Wirkungskreise im System deutlich. Je nach Art und Anzahl der beteiligten Wirkungen wird unterschieden nach “verstärkenden, positiven Wirkungskreisen" und nach “selbstregulierenden, negativen Regelkreisen". Diese Analyse der Wirkungskreise zeigt strukturiert die Zusammenhänge auf, die als "Teufelskreise" zukünftige Maßnahmen und Lösungen blockieren oder anderseits “Motoren” im System, die durch Ihr Zusammenspiel die Wirkungen von Maßnahmen systemisch verstärken.